Jahresbericht 2020

ZVR-Nr. 124630509

Mitteilungen des Vereinsvorstandes

Der Verein Archäotop Hohe Birga blickt auf ein ausgefülltes Vereinsjahr 2020 zurück. Unsere Vereinsfahrt mussten wir - bedingt durch die Covid-Pandemie - auf September verschieben. Sie führte uns zu rätischen Fundorten in der näheren Umgebung, nach Thaur und Volders. Über das Thaurer Schlössl, über dessen Bau- und Besitzgeschichte uns Joe Bertsch vom Verein Chronos in Thaur eine grundlegende Einführung gab, wobei er auch auf die jüngsten Grabungen im Umfeld der Burg einging, gelangten wir zum Museum im Romedi-Wirtshaus mit der Medienpräsentation über die weit zurückreichende Besiedlungsgeschichte des Thaurer Gemeindegebietes. In Volders führte uns Karl Wurzer vom dortigen Geschichts- und Heimatverein zu der terrassenförmig angelegten Rätersiedlung Himmelreich, auf einer Höhenkuppe zwischen Volders und Wattens gelegen. Auf der von einem Ringwall umschlossenen Siedlungsfläche können hier die Fundamente von mehreren Gebäuden besichtigt werden. Das Dorf war vom 4. bis zum 1. Jhdt. V. Chr. bewohnt und ist durch einen Brand vernichtet worden.
Mit großem Bedauern mussten wir gegen Ende des Jahres den Rücktritt unseres langjährigen Vorstandsmitglieds, stellvertretenden Kassiers und Förderers Peter Hatzl zur Kenntnis nehmen. Er hat aus privaten Gründen sein Amt niedergelegt. Peter Hatzl hat auch über Jahre hinweg das Rätermuseum mitgeleitet und war uns stets ein wichtiges Verbindungsglied zum heimischen Tourismusverband. Der Vorstand des Vereins bedankt sich sehr herzlich für sein tatkräftiges Engagement und wünscht ihm weiterhin alles Gute!

Bericht über den aktuellen frühgeschichtlichen Forschungsstand
2020 wurden zwei archäologische Ausgrabungen auf der Hohen Birga durchgeführt, die zu interessanten neuen Erkenntnissen führten. Bislang war unklar, wo und wie genau der Zugang zur eisenzeitlichen Siedlung erfolgte. Da der Hügel nach Norden, Osten und Westen steil abfällt, musste dieser im flacheren Südhang zu suchen sein. Nachdem dort in einer der letzten beiden noch unverbauten Parzellen ein Wohnhaus errichtet wurde, mussten daher vorab im April/Mai archäologische Untersuchungen durchgeführt werden. Dabei konnten mehrere künstlich angelegte Terrassen im Hang festgestellt werden. Die nördlichste war offensichtlich zur Anlage eines Weges errichtet worden. Dieser stieg von Ost nach West leicht an, dürfte etwa zwei Meter breit gewesen sein und bestand aus einer sorgfältig verlegten Rollierung aus faustgroßen Steinen. Bei den Grabungen fanden sich zahlreiche Fragmente verzierter eisenzeitlicher Keramik, ein Webgewicht, Tierknochen sowie eine eiserne Lanzenspitze. Auf Basis der Orientierung des exakt vermessenen Weges soll zukünftig geklärt werden, wo dieser genau in die eigentlichen Siedlungsterrassen oben am Hügel einmündete und wie dieser Bereich ursprünglich einmal architektonisch, möglicherweise in Form einer Toranlage, ausgestaltet war. Im Juli wurden die seit 2018 wieder aufgenommenen regulären Forschungsgrabungen im eigentlichen Siedlungsbereich im Zuge eine Lehrgrabung der Universität weitergeführt. Die Arbeiten konzentrierten sich auf den östlichen Bereich der obersten Terrasse. Die Untersuchungen an Haus III konnten dabei abgeschlossen werden. Auch hier zeigte sich, dass gewisse Bereiche des Gebäudes bei den Grabungen von Osmund Menghin 1949 gar nie freigelegt worden waren. So erfolgter der Zutritt über einen von Süden kommenden abfallenden Korridor, der aus massiven behauenen Steinen in Trockenbauweise errichteten worden war. Der Korridor bog nach Osten ab und führte an einer Seitennische vorbei durch eine Tür in einen großen südlich gelegenen Vorraum. Nördlich daran erstreckte sich der große langgezogene Hauptraum. Offensichtlich war bei den Altgrabungen keine einzige Mauer des Hauses vollständig freigelegt worden. An allen Gebäudeseiten war diese durch ein bis zwei Lagen größerer, oben flacher Steine gebildet worden, auf denen sich zum Teil noch in Originallage die verkohlten Balken der ursprünglichen Holzwände fanden. Es handelte sich um ca. 25 Zentimeter starke Rundhölzer, deren Zwischenräume mit kleineren, flachen Steinen und Hüttenlehm ausgefüllt worden waren. In den Mauern fanden sich Schlitze, die nicht für senkrechte Ständer, sondern für die überlappende Verzahnung der Rundhölzer der gegenseitig einbindenden Holzwände dienten. Auch ein angeblicher Lehmofen dürfte nie existiert haben, sondern stellte sich als missinterpretierter Versturz der West- bzw. Nordmauer des Gebäudes heraus. Der freigelegte Innenraum wies einen gestampften Lehmfußboden aus. Mehrere große flache Steine dienten als Auflagesteine für die Pfosten des Daches. Vier flache, eng aneinander gelegte Steinplatten können als Herdstelle angesprochen werden, an die eine rechteckige Konstruktion aus kleineren hochkantig in den Lehmfußboden gesetzten Steinplatten angesetzt wurde, die zur Aufbewahrung der Glut gedient hatte. Etwas südlich davon bilden drei größere, ebenfalls hochkantig in den Boden gesetzte Steinplatten eine längliche Wanne. Während der heurigen Grabung konnten auch die Umrisse und Teile des Lehmfußbodens im Innenraum des von Menghin als angeblich vollkommen zerstört beschrieben Hauses II sowie der ebenfalls bislang nicht bekannte zum Haus zugehörige Gang entdeckt werden. Abhängig von den finanziellen Mitteln ist die vollständige Freilegung im Rahmen zukünftiger Forschungen im Sommer 2021 geplant. Die Arbeiten auf der „Hohen Birga“, insbesondere die Entdeckung des eisenzeitlichen Weges, fanden erneut regen Widerhall in der Presse.

Vereinsaktivitäten auf der Hohen Birga
Im Frühjahr erfolgte die Sanierung des Zugangswegs von Haus X zu Haus VI als Teil der schon traditionellen Reinigungsaktion auf der Hohen Birga, an der sich zahlreiche aktive Mitglieder des Vereins beteiligten. Bei einer anschließenden Jause auf dem Hügel kam es zu einem regen Austausch unter den Helfern. Im Sommer wurden die Dächer der Häuser von der Freiwilligen Feuerwehr Birgitz in einer aufwändigen Aktion von Blättern und Winterschmutz gereinigt. Herzlichen Dank für diese großartige Mithilfe! Im Juli wurden auch die neuen Tafeln für die Hearonymus App montiert. Ein weiterer großer Dank gebührt Elmar und Hazel Zeiner, die nicht nur unermüdlich für die Hohe Birga persönlich da sind, sondern deren Haus vor Ort in der Birgasiedlung mittlerweile zu einer Anlaufstelle für alle geworden ist, die Rat, Hilfe und Unterstützung die Hohe Birga betreffend, benötigen.

Das Sommerhalbjahr im Rätermuseum in Birgitz
Das Rätermuseum in Birgitz wurde im Jahr 2020 ebenso wie alle anderen kulturellen Institutionen von den Auswirkungen der Covid-Pandemie stark betroffen. Wir konnten jedoch das Museum zu den regulären Öffnungszeiten von Mitte Juni bis Ende Oktober für unsere Besucher unter den vorgeschriebenen Auflagen offenhalten. Leider entfielen Führungen für Gruppen im Museum und auf der Hohen Birga fast zur Gänze, insbesondere die Schulklassenausflüge als Schulveranstaltungen. So reduzierte sich die Besucherzahl auf 353 Besucher sowohl im Museum wie auch auf der Ausgrabungsstätte, darunter erfreulich viele Familien mit Kindern. Die Einsatzbereitschaft aller Mitglieder des Museumsteams, auch unter den heuer persönlich oft schwierigen Bedingungen, muss an dieser Stelle besonders hervorgehoben und herzlich bedankt werden.

Audioguide
Der Audioguide in deutscher und englischer Sprache, der mit dem eigenen Smartphone einen selbständigen Rundgang auf der Hohen Birga ermöglicht, wurde mittlerweile fertiggestellt. Auch die notwendigen Adaptierungen im Gelände, eine neue Wegeführung, Hinweisschilder und die inhaltliche und graphische Neugestaltung der Informationstafeln konnten im Frühjahr und Sommer dank der tatkräftigen Mithilfe zahlreicher Vereinsmitglieder umgesetzt werden. Leider verzögerte sich aufgrund der Covid-Pandemie die Fertigstellung der neuen Flyer und Plakate Mit Saisoneröffnung im Mai 2021 wird der Audioguide offiziell präsentiert werden.

Heimatbuch
Auf Einladung der Gemeinde Birgitz uns am neuen Heimatbuch zu beteiligen wurden von uns, als dem für die Hohe Birga und das Rätermuseum verantwortlichen Verein, auch sehr gerne zwei Artikel beigesteuert. In diesen werden der Verein, das Museum, der Archäologische Park sowie die eisenzeitliche Siedlung auf der Hohen Birga anhand der bisher erfolgten Forschungen vorgestellt.

Inventarprojekt
Im Dezember 2020 konnte unter der Leitung von Florian Müller auch ein dankenswerterweise durch das Land Tirol gefördertes Projekt „Inventarisation der archäologischen Fundobjekte im Rätermuseum in Birgitz (Ausgrabungen 1938, 1949-1957, 2009-2011, 2013, 2018-2020)“ gestartet werden. Die Funde sämtlicher Grabungen befinden sich größtenteils in Birgitz. Aufgrund ihrer wechselvollen Geschichte, dem Ab- und Aufbau in diversen Ausstellungen (Volksschule, Rätermuseum …) sowie der Integration in Ausstellungen, ihre teilweise Bearbeitung und ihre Übersiedlung bzw. Verbringung an unterschiedliche Aufbewahrungsorte innerhalb der Gemeinde stellt sich der Bestand derzeit als größtenteils ungeordnet bzw. nach unterschiedlichen Kriterien geordnet dar. Das Ziel des Projektes ist nun eine vollständige Gesamtinventur, Inventarisierung, Zugänglichmachung und schlussendlich fachgerechte Lagerung der Bestände. Dadurch soll sowohl ein Überblick über den Gesamtbestand erlangt sowie eine generelle Nutzung des Objektbestandes im Museum für Forschung und zukünftige Präsentation (Neukonzeption der Dauerausstellung) ermöglicht werden.

Im Namen des Vorstands möchte ich Ihnen, Ihren Familien und Freunden alles Gute für die bevorstehenden Feiertage und für das kommende neue Jahr wünschen!

Dr. Annegret Waldner, Schriftführerin und Museumsleiterin
Birgitz, im Dezember 2020